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Zahnabnutzung

Übermäßige Zahnabnutzung – Ursachen, Folgen, Therapien

Alle Zähne erfahren im Laufe des Lebens eine Abnutzung ihrer Substanz. Doch welcher Umfang dieser Abnutzung ist normal und wann ist es sinnvoll, die verloren gegangene Zahnsubstanz zu ersetzen?

Die „normale“ Abnutzung der Zähne wurde in Studien bereits untersucht und beträgt laut Messungen etwa 29 Mikrometer pro Jahr an den Molaren (hinteren Backenzähnen) und etwa 15 Mikrometer pro Jahr an den Prämolaren (vorderen Backenzähnen). Das würde bedeuten, dass an den Molaren innerhalb von 10 Jahren knapp 0,3 mm und an den Prämolaren etwa 0,15 mm Zahnsubstanz verloren gehen. Diese Zahlen sind für Patientinnen und Patienten schwer einzuordnen und auch der Zahnarzt / die Zahnärztin verlässt sich bei der Diagnostik eher auf das erfahrene Auge und die typischen Anzeichen übermäßiger Abnutzung als auf die Messung genauer Millimeterwerte.

Was sind die Ursachen von übermäßiger Zahnabnutzung?

Zunächst einmal lassen sich Zahnabnutzungen grob in drei Unterklassen einordnen:

  • Bei der Erosion liegt die Ursache des Substanzverlustes in der erhöhten Zufuhr von Säure. Diese Säure kann von innen – durch Magensäure beispielsweise bei häufigem Aufstoßen oder Erbrechen – oder von außen – durch Säfte, Alkohol, Zitrusfrüchte, saure Bonbons oder Tabletten aber auch durch übermäßigen Aufenthalt in saurer Umgebung wie dem Schwimmbad oder einer Fabrik – an die Zähne gelangen.
  • Bei der Attrition handelt es sich um eine Abnutzung durch das aufeinandertreffen der Zähne untereinander. Eine verstärkte Attrition wird zum Beispiel bei Bruxismus, dem Knirschen oder Pressen mit den Zähnen, beobachtet.
  • Bei der Abrasion kommt es zur Abnutzung durch externe Faktoren. Die häufigste Ursache ist eine aggressive Putzweise in Kombination mit einer zu harten Zahnbürste. Hinzu kommen Angewohnheiten wie das Kauen auf Fingernägeln oder einem Kugelschreiber, Rauchen, Piercings im Mund oder das spielen von Blasinstrumenten und der dadurch verursachte häufige Kontakt mit den Mundstücken.

Oftmals liegt bei übermäßiger Zahnabnutzung auch eine Kombination dieser Ursachen zugrunde.

Zusätzlich ist jede Mundhöhle individuell unterschiedlich gut auf diesen „Angriff“ von außen vorbereitet und bestimmt so den Umfang der Zahnabnutzung mit. Jeder Mensch hat eine unterschiedliche Dicke seines Zahnschmelzes, der im Gegensatz zum darunter liegenden Dentin durch seine erhöhte Härte sehr viel besser gegen den Abrieb geschützt ist. Außerdem haben die Eigenschaften des Speichels – wie auch bei der Kariesentstehung – Einfluss auf die Abnutzung. Eine geringere Menge an Speichel verringert die Gleitfähigkeit und fördert somit einen mechanischen Abrieb. Auch nimmt die Pufferkapazität des Speichels Einfluss auf das chemische Milieu und kann so die erosive Wirkung von Nahrungsmitteln besser oder schlechter abfangen. Die Eigenschaften des Speichels können verändert werden durch bestimmte Medikamente – darunter Antidepressiva und Diuretika – Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis oder Sklerodermie und Bestrahlungen im Kopf-Halsbereich.

Was sind die Folgen?

Die Folgen übermäßiger Zahnabnutzung können unterschiedlich sein und treten nicht bei allen Patientinnen und Patienten gleichermaßen auf.

Zunächst einmal kommt es bei generellem starken Zahnsubstanzverlust zu einem Absinken des Bisses. Da die natürliche Abstützung der Zähne aufeinander verloren geht, kann dies eine Kompression der Kiefergelenke mit daraus resultierenden Beschwerden in Kiefergelenken und Kaumuskeln auslösen. Auch kann die gesamte Kaufunktion durch die Absenkung eingeschränkt sein.

Zusätzlich können Schmerzen durch erhöhte Sensibilitäten an den Zahnflächen entstehen. Ein Beispiel sind hier die Zahnhalsdefekte durch übermäßiges Putzen mit zu harten Zahnbürsten.

Eine zumeist durch Knirschen verloren gegangene Eckzahnführung, bei der natürlicherweise die Eckzähne mit ihren Spitzen die Seitenzähne bei Seitwärtsbewegungen des Unterkiefers entlasten, kann zu vermehrten Frakturen und Abplatzungen an Zähnen und Restaurationen führen. Häufig ist bei Knirschern daher als erstes ein Abrieb der Eckzahnspitzen zu beobachten.

Sobald der Zahnschmelz durch Abrieb verloren gegangen ist, gelangt das darunter liegende Dentin zum Vorschein. Dieses ist deutlich weicher und weniger widerstandsfähig als der Zahnschmelz und beschleunigt somit den Abrieb von da an zusätzlich. Schreitet der Substanzverlust uneingeschränkt fort, kann es im äußersten Fall hierdurch gerade an den Innenflächen der vorderen Frontzähne oder an den Zahnhälsen zum Freiliegen der Nerven kommen, was eine Wurzelkanalbehandlung zur Folge hat.

Nicht zuletzt ist in vielen Fällen die Ästhetik der Patientinnen/der Patienten durch den übermäßigen Abrieb eingeschränkt. Zu kurze oder „abgeknabberte“ Zähne beeinflussen nachweislich das erste Erscheinungsbild eines Menschen in Bezug auf seine Attraktivität, die Einschätzung seiner Intelligenz, Kompetenz und Gesundheit.

Und wann sollte ich mich behandeln lassen?

In welchen Fällen eine Behandlung indiziert ist, sollte im gemeinsamen Gespräch mit Patient(in) und Zahnarzt/-ärztin entschieden werden. Erste Behandlungsmaßnahmen sind das Tragen einer Nachtschiene zum Schutz der Zähne beim Zähneknirschen und das Abstellen schädlicher Gewohnheiten wie Nahrungs- und Genussmittelkonsum. Bei erstem Verlust der Eckzahnspitzen kann dieser einfach ersetzt werden mit Komposit- oder Keramikaufbauten, um das Fortschreiten des Abriebs in den Seitenzähnen zu verhindern. Ist bereits ein genereller übermäßiger Substanzverlust eingetreten, ist der gesunde Zustand nur mittels Keramikaufbauten an allen Zähnen wiederherstellbar.

Generell gilt, je früher die Wiederherstellung stattfindet, desto einfacher und unkomplizierter ist sie. Jeder Verlust von Zahnschmelz bedeutet eine schlechtere Haltbarkeit der Komposit- oder Keramikteile, da der Klebeverbund zwischen Zahn und Werkstoff am Zahnschmelz sehr viel besser haftet als am Dentin.

Ihr Zahnarzt / Ihre Zahnärztin sollte den Abrieb Ihrer Zähne also stetig kontrollieren und Sie bei Anzeichen von übermäßiger Erosion, Abrasion oder Attrition informieren. Gemeinsam können Sie dann entscheiden, welche Schritte in die Wege geleitet werden können, um den weiteren Substanzverlust zu verhindern.